Fast 300 Teilnehmende aus allen Regionen Deutschlands besuchten die erste bundesweite Tagung zur stationsäquivalenten Behandlung (StäB), die die Vitos Klinik mit Beteiligung des ZfP Südwürttemberg in Haina ausrichtete.
Vitos Haina war für einen Tag der Mittelpunkt der deutschen Psychiatrieszene. Fast 300 Ärzt:innen, Pflegekräfte, Therapeut:innen und Sozialarbeitende aus allen Regionen Deutschlands nahmen an der ersten bundesweiten Tagung zur stationsäquivalenten Behandlung (StäB) teil, die die Vitos Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Haina ausrichtete. StäB bedeutet, dass schwer psychische kranke Menschen nicht stationär in einem Krankenhaus, sondern von einem multiprofessionellen Team täglich im gewohnten Lebensumfeld behandelt werden.
„Die stationsäquivalente Behandlung muss als tragender Pfeiler der psychiatrischen Versorgung in Deutschland gesichert und ausgebaut werden“, sagte Reinhard Belling, Vorsitzender der Vitos Konzerngeschäftsführung. Denn einerseits profitierten die Patient:innen nachweislich von dieser intensiven aufsuchenden Behandlung, andererseits biete StäB für die Behandelnden hochattraktive Arbeitsplätze. Deshalb dürfe es nicht dazu kommen, dass die gesetzlichen Krankenversicherungen die 2018 als Regelleistung zugelassene stationsäquivalente Behandlung zu einem ambulanten Versorgungsangebot abstufen.
Bundesweit bieten 60 Teams StäB an
Während anfangs nur wenige Kliniken den Schritt zur Einführung der stationsäquivalenten Behandlung gewagt haben, behandeln mittlerweile 60 StäB-Teams in elf Bundesländern ihre psychisch kranken Patienten auch stationsäquivalent. Schwerpunkte sind Baden-Württemberg, Berlin und Hessen.
Die Ergebnisse einer deutschlandweiten Studie stellte Prof. Dr. Andreas Bechdolf, Chefarzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik an den Vivantes Klinika am Urban und im Friedrichshain vor. Dabei wurden die Daten von 200 StäB-Patient:innen mit denen von stationär Behandelten verglichen. Die Kernaussagen: Eine StäB-Behandlung dauert länger eine als stationäre Behandlung, die Patient:innen brechen die Behandlung jedoch seltener ab und sie sind mit dem Behandlungsverlauf zufriedener. Die Wiederaufnahmequote ist geringer. Und trotz der Behandlung im häuslichen Umfeld fühlen sich die Angehörigen deutlich entlastet.
StäB nach fünf Jahren etabliert
Aufgrund der Studienlage lasse sich nach fünf Jahren stationsäquivalenter Behandlung nur ein Schluss ziehen, sagte Prof. Dr. Gerhard Längle, Leiter der AG StäB der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde: Neben der stationären, teilstationären und ambulanten Behandlung habe StäB einen festen Platz im sektorenübergreifenden psychiatrischen Behandlungsangebot gefunden. „Es ist uns gelungen, die stationsäquivalente Behandlung trotz der schwierigen Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen, dem Fachkräftemangel sowie der Corona- und Ukraine-Krise zu etablieren.“ Sein Plädoyer an die Teilnehmenden der Tagung, die noch keine stationsäquivalente Behandlung anbieten: „StäB ist gut für unsere Patienten. Und deshalb sollten alle psychiatrische Kliniken in Deutschland StäB anbieten.“
Während der Tagung auf dem Campus in Haina wurden die Erkenntnisse aus fünf Jahren stationsäquivalenter Behandlung intensiv diskutiert. Auch die Einbindung digitaler Behandlungsangebote war Thema. Fast 50 Referent:innen gestalteten ein umfangreiches Vortrags- und Workshop.
Text: Rouven Raatz, Leiter Personal und Kommunikation vitos Haina