Im ZfP in Zwiefalten wurde die Ausstellung „Eine Begegnung mit Gustav Mesmer. Fotos von Nicole Becker“ eröffnet. Es handelt sich um 26 schwarz-weiß-Fotografien, die 1988 im nahen Buttenhausen entstanden sind.
Prof. Dr. Thomas Müller und Dr. Bernd Reichelt eröffneten die Vernissage im Casino des ZfP in Zwiefalten und führten als Veranstalter des Württembergischen Psychiatriemuseums auch durch den weiteren Abend. Musikalisch wurde die Eröffnung der Ausstellung von dem Trio „Feuervogel“ umrahmt, die ein thematisch passendes Repertoire an Stücken einbrachten.
Gustav Mesmer wurde 1903 geboren und wuchs mit elf Geschwistern in Altshausen auf. Im Laufe seines Lebens verbrachte er insgesamt 35 Jahre als Psychiatriepatient in den Heil- und Pflegeanstalten in Bad Schussenried und Weissenau. Auslöser für seine Einweisung war, dass er einen Konfirmationsgottesdienst störte, in dem er zur Kanzel trat und erklärte, dass alles Schwindel sei. Später wurde eine Schizophrenie diagnostiziert. 1964 wurde Gustav Mesmer in ein Landheim in Buttenhausen entlassen. Hochbetagt starb er 1994 im Alter von knapp 92 Jahren.
Gustav Mesmer galt als talentierter Zeichner, erlernte das Buchbinden und Korbflechten. Seine große Leidenschaft galt aber dem Wunsch nach Freiheit und seinem damit verbundenen Traum vom Fliegen. Seine Zeichnungen und Modelle hatten zunächst als „Spinnereien“ gegolten, fanden jedoch noch zu seinen Lebzeiten in der Kunstwelt große Anerkennung. So wurde auch die Fotografin Nicole Becker in ihrem Studium auf den hier als „Ikarus vom Lautertal“ bekannten Flugradbauer aufmerksam und begann eine dreitägige Portration über diesen ausgewöhnlichen Menschen. Sie beschrieb diese Zeit als wahren Augenblick der Fotografie.
„Das Leben und Wirken von Gustav Mesmer kann allen Menschen, die an einer Psychose erkrankt sind, Mut machen“
Prof. Dr. Gerhard Längle beschrieb in seinem Vortrag zu Werk und Leben des Künstlers die Ausstellung als etwas sehr besonderes, die allerdings nur einen kleinen Einblick in Mesmers langes und reiches Leben geben könne. Er sprach über die beeindruckende Lebensgeschichte sowie das Leben und Wirken von Mesmer, das allen Menschen, die an einer Psychose erkrankt sind, Mut machen könne. Dabei machte der Regionaldirektor Alb-Neckar des ZfP die Zuhörer darauf aufmerksam, dass Mesmer viel mehr als ein psychisch kranker Mann gewesen sei. Niemand solle nur auf seine Erkrankung reduziert werden.
Gustav Mesmers langjähriger Pfleger Heinfried Scheu beschrieb diesen in der anschließenden Gesprächsrunde als einen selbstbewussten und charakterstarken Mann. Scheu war in Buttenhausen seit 1964 ein enger Vertrauter von Mesmer. Mesmers Ziel, durch eigene Muskelkraft von Dorf zu Dorf zu fliegen wurde von ihm ernst genommen und respektiert. In Buttenhausen benötigte er keine Psychopharmaka und besaß damit die Freiheit, sich seinen Zeichnungen und Modellen zu widmen. Als Zuhörer nahm man die enge Vertrautheit zwischen Mesmer und Scheu ganz deutlich wahr, die sich vor allem darin zeigte, dass Scheu den mit ihm befreundeten Bewohner des Buttenhausener Heimes bis zu dessen Tode im Jahr 1994 begleitete. Er zeigte am Ende der Vernissage eine bunte und zugleich beeindruckende Zeichnung, welche er von Gustav Mesmer geschenkt bekommen hatte.
Info: Die Ausstellung ist noch bis zum 19. Mai 2019 täglich von 9 bis 17 Uhr im Verwaltungsgebäude des ZfP in Zwiefalten zu sehen. Der Eintritt ist frei. Kurator der Ausstellung ist Dr. Wolfram Voigtländer, ehemaliger Chefarzt der Psychiatrie in Heidenheim. Für die Ausstellung im ZfP Südwürttemberg zeichnen Prof. Dr. Thomas Müller und Dr. Bernd Reichelt verantwortlich. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog. Am 20. März um 17 Uhr stellt der ehemalige Seelsorger vom ZfP in Bad Schussenried, Ulrich Mack, sein neues Buch zu Gustav Mesmer vor: „Gustav Mesmer. Sein religiöses Suchen und Denken“. Das Buch kann auch direkt in der Bibliothek Zwiefalten erworben werden.