Station in Zwiefalten hat spezielles Therapiekonzept
Spannungszustände und starke Emotionen besser aushalten – das ist für Menschen mit bestimmten psychischen Erkrankungen nicht immer einfach. Um Betroffenen besser helfen zu können, bietet das ZfP in Zwiefalten auf einer seiner Stationen ein spezielles Behandlungsangebot an. Dieses hat sich mittlerweile bewährt.
Psychisch erkrankte Menschen, die unter starken Anspannungszuständen leiden, finden seit Februar dieses Jahres ein neues Behandlungsangebot im ZfP Südwürttemberg am Standort Zwiefalten vor. Auf der sozialpsychiatrischen Station 3011 wurde eine Einheit zur Dialektisch-Behavioralen Therapie (DBT) eingerichtet. Die spezielle Therapieform DBT richtet sich an Menschen mit emotional-instabilen Persönlichkeitsstörungen sowie Störungen der Emotionsregulation. Betroffene leiden oft unter der fehlenden Möglichkeit, ihre Impulse zu kontrollieren, was sich oft in suizidalen, selbstverletzenden und selbstschädigenden Verhaltensmustern niederschlägt. Das spezielle Angebot wird seither sehr gut angenommen.
Die Abteilungsleitungen Prof. Dr. dr. Alex Theodor Gogolkiewicz und Ludmilla Reimer stellten fest, dass es in der Region für dieses Krankheitsbild eine Versorgungslücke gab. Die Patientengruppe, für die spezielle Übungen hilfreich sind, wurde bisher auf anderen Stationen oder an anderen Standorten behandelt, so Reimer. Chefarzt Gogolkiewicz merkt an: „Andere Standorte wie Ulm oder Reutlingen haben teilweise aber lange Wartelisten.“ Zu Beginn der Planung fand eine entsprechende Datenerhebung statt. Eine zu diesem Zweck eingerichtete Arbeitsgruppe der Station erarbeitete gemeinsam mit der Abteilungsleitung das nun angebotene Spezialkonzept, um die Betroffenen auffangen zu können. Die Klinikleitung stimmte zu.
Übungen mit Skills sollen helfen
Das Angebot richtet sich an volljährige Patientinnen und Patienten, insbesondere aus dem südlichen Landkreis Reutlingen. Auf der Station gibt es einen abgetrennten Bereich für die DBT-Therapieeinheit mit den Patientenzimmern, einer Gemeinschaftsküche, einem Gruppenraum sowie einem Aktivitätsraum und genügend Rückzugsmöglichkeiten.
Das Skillstraining ist ein elementarer Bestandteil der Therapie: Mithilfe spezieller Fertigkeiten - sogenannter Skills - lernen Betroffene, ihre Anspannung wahrzunehmen und besser regulieren zu können. Speziell ausgestattete Therapiekoffer (die sogenannte „Skillbox“) mit geeigneten Materialien und Gegenständen stehen den Patientinnen und Patienten zur Verfügung, um diese als Skills auf der Ebene von Kognition und Wahrnehmung für sich zu nutzen. Gemeinsames Skillstraining findet in der therapeutisch geleiteten Skillsgruppe statt. Betroffene sollen die jeweils für sie geeigneten Skills in Situationen, in denen es ihnen gut geht, einüben, um sie im Bedarfsfall für sich nutzen zu können. Weitere Gruppenangebote wie Achtsamkeits- und Entspannungsübungen sowie weitere Gesprächsgruppen gehören ebenso zum Therapieangebot, ergänzt der pflegerische Stationsleiter Julian Simonis. Auch nonverbale Therapieformen wie Kunst- und Bewegungstherapie, Reittherapie und Therapeutisches Klettern gehören zum festen Wochenprogramm.
Die Entwicklung der Therapieeinheit war für die Station ein großer organisatorischer Aufwand, berichtet Ludmilla Reimer. 20 Mitarbeitende aus dem Bereich des ärztlichen und pflegerischen Dienstes, Psychologen und Beschäftigungstherapeuten wurden in sechs mehrtägigen Schulungseinheiten speziell fortgebildet. „Für das Team ist es eine besondere Chance für eine fachliche Weiterentwicklung“, meint die pflegerische Abteilungsleiterin. Die Station hat 19 Behandlungsplätze, 8 davon sind für die DBT vorgesehen. Pro Schicht ist auf der Station eine zusätzliche Vollkraft aus der Pflege eingeteilt, die gemeinsam mit den psychologischen Kolleginnen für den DBT-Bereich zuständig ist.
Individuell abgestimmte Behandlung
Oberärztin Dr. Heinke Scholdei-Taut und die therapeutische Stationsleitung Damaris Fauth sind zuständig für das Aufnahmemanagement. In Vorgesprächen werden mögliche Therapieziele herausgearbeitet und Erwartungen abgeglichen. „Wenn jemand noch keine Erfahrungen mit DBT hat, kann die Behandlungsdauer acht Wochen betragen“, erklärt die Oberärztin der Station. Gogolkiewicz fügt an: „Diese Einheit eignet sich aber auch für bereits erfahrene Patienten, die zur Vertiefung des Erlernten kommen möchten.“ Es sei kein festgefahrenes Therapiekonzept, sondern individuell abgestimmt, betont Reimer. Je nach Entwicklungsstand oder Therapieerfahrung können Betroffene niederschwellig einsteigen. Die Patientinnen und Patienten, die das Programm in Zwiefalten bereits durchlaufen haben, zeigten sich mit dem Behandlungsverlauf zufrieden.
„Wir konnten nun seit einigen Monaten Erfahrung sammeln und sehen durch vermehrte Anfragen den Bedarf“, erläutert der Chefarzt. Das Behandlungsmodell komme den Patient:innen entgegen, sind sich die Stations- und Abteilungsleitungen sicher. Auch niedergelassene Arztpraxen seien froh um das neue Angebot. „Mit dem zusätzlichen Therapieangebot wollen wir die Behandlungsqualität am Standort Zwiefalten sichern“, so die Abteilungsleitungen.