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Epilepsie: „Der Fortschritt geht weiter“ /

Drei Männer und drei Frauen stehen nebeneinander, im Hintergrund ist ein Banner mit dem Logo der Epilepsie-Akademie erkennbar.

Simon Blümcke, Erster Bürgermeister der Stadt Ravensburg (links) freut sich über die große Expertise im Fachgebiet Epilepsie. die Chefarzt PD Dr. Christian Tilz (rechts) und sein Team an den Standort Ravensburg bringen.

Expert:innen der Epilepsie-Akademie Weissenau informierten auch in diesem Jahr rund um das Krankheitsbild Epilepsie. Neben aktuellen Themen standen insbesondere neue und erfolgsversprechende Therapiemethoden im Fokus der Veranstaltung.

Seit 14 Jahren berichten Fachleute der Weissenauer Epilepsie-Akademie des ZfP Südwürttemberg bei einem Vortragsabend im Ravensburger Schwörsaal über aktuelle Forschungsergebnisse und gehen in Austausch mit Interessierten und Erkrankten. „Wir freuen uns, solche eine große Expertise in der Stadt zu wissen“, so Simon Blümcke, Erster Bürgermeister der Stadt Ravensburg. Blümcke dankte den Referierenden um Chefarzt PD Dr. Christian Tilz für das große Engagement, das die Stadt Ravensburg ebenso wertschätze wie gerne unterstütze. 

Tilz, Nachfolger von Dr. Hartmut Baier und Dr. Andreas Meyer und somit seit  1. Juli neuer Leiter der nun zu einer Abteilung vereinten Klinik für Neurologie und Epileptologie, sprach über therapeutische und diagnostische Möglichkeiten schwer behandelbarer Epilepsien. „Allein in den letzten Jahren sind viele und sehr unterschiedliche Behandlungswege entstanden. In der Forschung tut sich viel“, machte Tilz den anwesenden Betroffenen und Angehörigen Mut. „Wichtig ist, vor Therapiebeginn eine genaue Diagnose zu stellen.“ Dabei habe das EEG (Elektroenzephalografie), als einzige diagnostische Methode zum Nachweis einer Epilepsie und inzwischen um implantierbare Langzeit-EEG-Elektroden erweitert, noch immer einen ungebrochen hohen Stellenwert. Neben medikamentöser Therapie – hier gehe der Trend zu erfolgsversprechenden und hochwirksamen Medikamenten  – können Operationstechniken sowie neuartige Stimulationsverfahren am Gehirn Betroffenen zu Anfallsfreiheit verhelfen. „Welche Möglichkeit welchem Patienten hilft, hängt von vielen, ganz individuellen Faktoren ab“, betonte der Chefarzt. „Nur 10 Prozent der Epilepsien sind zum Beispiel operabel.“ Nichtsdestotrotz werden laufend neue und erfolgsversprechende Ansätze entwickelt: „Der Fortschritt geht weiter.“ 

Die vielen Gesichter epileptischer Anfälle 

Dass es nicht den einen epileptischen Anfall gibt, verdeutlichte Oberarzt Hassan A. Seklawi. „Bei vielen Anfällen denkt man nicht sofort an Epilepsie.“ Bestimmte Automatismen wie Schmatzen, unklar zuzuordnende Zustände, nicht mehr reden können, all das, so Seklawi, könne epileptisch sein. „Zeichnen Sie derlei am besten auf Video auf“, rät der Experte, der bei seinem Vortrag anhand kurzer Videosequenzen anschaulich verdeutlichte, wie unterschiedlich Anfälle aussehen können und wie gefilmte Situationen in die Diagnostik integriert werden. 

An das Thema anschließend führte die nächste Referentin, Tamara Brauner, Leiterin des EEG-Labors, in ihrem Vortrag aus, weshalb die kontinuierliche Überwachung von Patient:innen während eines EEG so bedeutsam ist. „Videoaufzeichnungen ermöglichen uns, Anfallssituationen mehrmals oder auch in Zeitlupe anzuschauen“, erklärte Brauner. „Die Kombination von EEG-Ergebnissen und Videomaterial ist für die Diagnostik besonders wertvoll.“ Eine besondere Rolle nehme dabei das mobile Langzeit-EEG ein, bei dem die Hirnströme der Patient:innen bis zu drei Tage lang elektrisch abgeleitet und aufgezeichnet werden und zusätzlich Anfallssituationen auf Video aufgenommen werden. „Das liefert uns sehr klare und genaue Ergebnisse“, so die Laborleiterin.

Mirijam Geiger-Riess, Psychologische Psychotherapeutin, beschäftigte sich mit dem Thema Altersepilepsie. Wie wirken sich neuropsychologische Besonderheiten auf den Alltag von Menschen aus, die zwischen 60 und 65 Jahren an Epilepsie erkranken? „Eine neue chronische Erkrankung im Alter anzunehmen und diese mit ihren Anforderungen in den Alltag zu integrieren, ist herausfordernd“, erläuterte Geiger-Riess. „Zumal – besonders im höheren Alter – oft weitere Erkrankungen und Einschränkungen vorliegen können und das auch die Diagnostik erschwert.“ Als Vorteil sieht die Psychologin jedoch, dass ältere Betroffenen viel Lebenserfahrung vorweisen und erlernt haben, mit herausfordernden Situationen im Leben umzugehen. Wichtige Ressourcen für die Krankheitsbewältigung seien zudem ein gutes soziales Umfeld und kognitive Leistungsfähigkeit. 

Mobil bleiben mit Epilepsie 

Zum Abschluss der Veranstaltung widmete sich Sozialarbeiterin Angela Giray einem sehr praxisbezogenen Thema: Was müssen Epilepsieerkrankte beim Autofahren und im Straßenverkehr beachten? „Mobilität ermöglicht gesellschaftliche Teilhabe“, stellte Giray klar. „Deshalb gilt es, individuelle Lösungen zu finden.“ Mitfahrgelegenheiten, Fahrdienste, Mobilitätshilfen, öffentliche Verkehrsmittel, per Fahrrad, Roller oder zu Fuß – all das seien Alternativen zum Auto. Doch auch hier, so die Sozialarbeiterin, gebe es Einschränkungen. „Auch beispielsweise Fahrrad oder Mofa zu fahren setzt voraus, mindestens ein Jahr anfallsfrei zu sein.“ Mit Schwerbehindertenausweis und Merkzeichen G, können Betroffene außerdem öffentliche Verkehrsmittel ein Jahr lang für nur 80 Euro nutzen. „Nehmen Sie soziale und rechtliche Hilfen in Anspruch, um mobil zu sein“, so die abschließende Empfehlung der Expertin. 

Die regen Nachfragen der Anwesenden zeigten, dass großes Interesse an Themen rund um das Krankheitsbild Epilepsie besteht. Auch für das nächste Jahr ist wieder ein Themenabend der Weissenauer Epilepsie-Akademie geplant. 




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