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„Denkmal der grauen Busse“ in Kulturhauptstadt Europas /

Man sieht eine große Menschengruppe, im Vordergrund ist ein Bus aus grauem Beton, im Hintergrund historische Fachwerkgebäude.

Das „Denkmal der grauen Busse“ steht seit dem 27. Januar in Chemnitz.

Das „Denkmal der grauen Busse“ ist weitergewandert: Der mobile Teil des Denkmals wurde zum Gedenktag am 27. Januar von Erlangen nach Chemnitz versetzt. Zusammen mit Gorizia ist Chemnitz seit Januar Kulturhauptstadt Europas.

Durch Vermittlung der Künstler Horst Hoheisel und Andreas Knitz sowie des Vertreters des Eigners des Denkmals, dem ZfP Südwürttemberg, Prof. Thomas Müller, ist das „Denkmal der grauen Busse“ vom letztmaligen Standort, dem Hugenottenplatz im bayerischen Erlangen weitergewandert. Zeitlicher Anlass für diese Initiative der Erinnerung und Mahnung ist das Kulturhauptstadtjahr 2025 in Chemnitz.

 

Inhaltlicher Anlass ist eine Initiative der SFZ Förderzentrum gGmbH. Vom 27. Januar bis 3. Dezember 2025 erinnert das Denkmal der Grauen Busse vor der heutigen sozialen Einrichtung in der Chemnitzer Flemmingstraße 8c an die Menschen mit Behinderung der ehemaligen „Königlich-Sächsischen Landeserziehungsanstalt für Blinde und Schwachsinnige Chemnitz-Altendorf“, die den Krankenmorden der sogenannten „Aktion T4“ im Nationalsozialismus zum Opfer fielen. Die 1905 gegründete „Königlich Sächsische Landeserziehungsanstalt für Blinde und Schwachsinnige Chemnitz-Altendorf“ integrierte neben der Blindenbildung auch die Erziehung von behinderten Menschen. Mit Eröffnung der Einrichtung wurden 250 Blinde und 550 behinderte Menschen aufgenommen. Seinerzeit als „schwachsinnig“ bezeichnet, war diese – aus heutiger Sicht inakzeptable Entwertung – ein zeitgenössisch üblicher Begriff für Menschen mit einer geistigen Behinderung. Die damalige Landeserziehungsanstalt war weniger als Versorgungs- und Pflegeanstalt geplant, sondern hatte die Bestimmung, junge behinderte Menschen zu „erziehen“ und sie im Sinne des Zeitgeists zur Erwerbsfähigkeit „heranzubilden“.

 

Mit Beginn des Nationalsozialismus setzten drastische Veränderungen in der Landeserziehungsanstalt ein. Die Erziehung und Bildung der Zöglinge wurden systematisch eingestellt. Die zugehörige Abteilung gewann zunehmend den Charakter einer Pflegeanstalt, die Zöglinge wurden zu Patienten und Patientinnen erklärt. Zu den im Oktober 1939 erfassten Heil – und Pflegeanstalten in ganz Deutschland gehörte auch die Landeserziehungsanstalt in Chemnitz-Altendorf. Aufgrund der 688 eingegangenen Meldebögen aus der Altendorfer Anstalt wurden die in der Pflegeabteilung betreuten Patienten im Mai 1940 verlegt und ihre Ermordung geplant. Zur besseren Tarnung wurden die Patient:innen zunächst in „Zwischenanstalten“ (Arnsdorf, Waldheim, Großschweidnitz, Zschadraß) gebracht und erst von dort in die „Sonderanstalten“, wie die Tötungsanstalten bezeichnet wurden, abtransportiert. Die Patiententransporte in die Tötungsanstalten erfolgten in grau angestrichenen Bussen der Gekrat GmbH. In der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein wurden nachweislich mindestens 243 Menschen aus der Altendorfer Landeserziehungsanstalt, darunter viele Kinder und Jugendliche, mit Kohlenmonoxid umgebracht.

 

Die SFZ Förderzentrum gGmbH ist heute ein modernes Kompetenzzentrum, das Rehabilitation, Bildung und Beschäftigung für Menschen mit Seheinschränkung, Blindheit und Menschen im Autismusspektrum bietet. Dazu gehört auch die Aufarbeitung der Geschichte der Einrichtung. An die Zeit des Nationalsozialismus und an die Opfer der „Euthanasie“ erinnert ein Ort des GEDENKENS im Gelände des heutigen Rehabilitationszentrums. 2007 wurde in Zusammenarbeit mit Chemnitzer Künstlern das Denkmal GEDENKEN auf dem ehemaligen Anstaltsfriedhof eröffnet. 2019 wurde mit der Verlegung von zwei Stolpersteinen an die Opfer der „Euthanasie“ aus der ehemaligen Landeserziehungsanstalt erinnert. Im Projekt „Unantastbar Mensch“ soll der Ort des GEDENKENS zum inklusiven Lern- und Gedenkort weiterentwickelt werden.

 

Das Denkmal der grauen Busse ist ein weiterer Teil der Auseinandersetzung mit der Geschichte der ehemaligen Landeserziehungsanstalt für Blinde und Schwachsinnige. Dieses Denkmal bietet die Möglichkeit, sowohl die Opfer zu ehren als auch auf die Bedeutung von Inklusion und demokratische Werte hinzuweisen. Vor allem junge Menschen sollten ermutigt werden, Fragen zur Geschichte zu stellen und Bezüge zu ihrem Leben zu finden. Die Vergangenheit kritisch reflektieren, Verantwortung übernehmen und sich für Toleranz und Respekt einsetzen, um eine Wiederholung der Geschichte zu verhindern – das sind die Ziele der Bildungsangebote.

 

Der historische Teil der Ausstellung kann in den Räumen in der Chemnitzer Rudolf-Krahl-Straße 60 besichtigt werden. Weitere Informationen zum Begleitprogramm und zum inklusiven Lern- und Gedenkort sind unter www.unantastbarmensch.de zu finden.




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