Mit Damaris Klass hat die Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie in Biberach eine neue Oberärztin. Die Einrichtung auf dem Gesundheitscampus ist die zentrale Anlaufstelle für alterspsychiatrische Erkrankungen im Landkreis.
Modern und freundlich wirkt der Neubau des ZfP Südwürttemberg auf dem Biberacher Gesundheitscampus. Warme Holztöne prägen den Eingangsbereich und empfangen Besucher mit einer einladenden Atmosphäre. Die Innenräume sind offen gestaltet und bieten ebenso Raum für ein soziales Miteinander wie entsprechende Rückzugsmöglichkeiten. Seit April letzten Jahres ist das stationäre alterspsychiatrische Angebot im Landkreis Biberach hier zentralisiert. Das bedeutet, dass neben den therapeutischen Angeboten für Menschen mit Demenzerkrankungen hier auch ältere Patient:innen mit Angsterkrankungen und depressiven Störungen Hilfe erhalten. „Obwohl das Angebot bereits vor knapp einem Jahr von Bad Schussenried nach Biberach verlagert wurde, sind die zuweisenden Hausärzte wie auch die zuständigen Stellen in den Pflegeheimen oft noch verunsichert, wohin sie sich wenden können“, erklärt Damaris Klass, die als neue Oberärztin in der Alterspsychiatrie in Biberach tätig ist. „Dabei sind gerade depressive Verstimmungen und Angsterkrankungen im Alter keine Seltenheit. Da ist es wichtig, die richtigen Anlaufstellen zu kennen.“
Im fortgeschrittenen Alter kommen oftmals verschiedene Faktoren zusammen, die zu einer psychischen Herausforderung werden können. Dazu gehören Lebensveränderungen wie das Ausscheiden aus dem Berufsleben, der Verlust von Freunden oder Familienmitgliedern, soziale Isolation oder finanzielle Unsicherheiten. „Ganz allgemein spielt der Verlust von Kraft und Leistungsfähigkeit eine ganz andere Rolle als bei jüngeren Menschen“, weiß auch Heike Berger, die als Diplom-Psychologin die Tagesklinik am Standort Biberach leitet. „Kommen dazu noch gesundheitliche Probleme, chronische Schmerzen oder eine Einschränkung in der Mobilität, wird die Belastung für manche Betroffene zu groß.“ Nicht selten treten auch unbehandelte posttraumatische Belastungsstörungen im hohen Alter wieder zutage. Die eigentlichen Auslöser können bis weit in die Kindheit zurückreichen, Jahrzehnte später sind dann frühere Missbrauchserfahrungen, Gewalt oder Kriegserlebnisse wie Flucht und Vertreibung wieder ganz präsent.
Tagesklinik bietet flexible Behandlungsmöglichkeiten
„Die individuelle Berücksichtigung dieser Faktoren ist entscheidend für eine ganzheitliche Betreuung älterer Menschen“, führt Berger weiter aus. Die Psychologin kann hierzu auf ihre speziellen therapeutischen Kompetenzen für Menschen im höheren Lebensalter zurückgreifen. „Bei der Therapie hilft es oft, eine Liste positiver Aktivitäten zusammenzustellen. Dies ist sehr wichtig, damit die Tagestruktur aufrechterhalten wird.“ So ähnelt auch der Ablauf in der Tagesklinik eher dem normalen Alltag der Betroffenen. Hier können ältere Patienten mit psychischen Erkrankungen tagsüber intensiv betreut und behandelt werden, um dann am Abend in ihr vertrautes Zuhause zurückzukehren. Angehörige können aktiv am Therapieprozess teilnehmen und eine unterstützende Rolle im häuslichen Umfeld einnehmen. Darüber hinaus ermöglicht die teilstationäre Behandlung eine gewisse Flexibilität bei der psychischen Versorgung.
Wann eine Behandlung in der Tagesklinik und wann ein stationärer Aufenthalt angeraten ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. „Ausschlaggebend sind die Schwere der Erkrankung und die individuellen Ressourcen des Patienten“, erklärt Klass, die als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Ansprechpartnerin für alle fachlichen und organisatorischen Fragen rund um die Behandlung ist. „Aber natürlich spielt auch die Verfügbarkeit der entsprechenden Einrichtung eine Rolle. In beiden Bereichen wird die psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung durch ein breites Angebot an Ergo-, Kunst-, Musik-, Bewegungs- und Physiotherapie ergänzt. In Einzel- und Gruppentherapien kann gezielt auf individuelle Bedürfnisse eingegangen werden.
Ganzheitliche Bewertung der Beschwerden
„Grundsätzlich muss bei der psychiatrischen Versorgung älterer Patient:innen immer auch die somatische Verfassung berücksichtigt werden“, gibt Klass zu bedenken. „Hier spielt die Differentialdiagnostik eine wichtige Rolle, denn eine beginnende Demenz zeigt sich oft mit ganz ähnlichen Symptomen wie eine Depression und auch Gefäßerkrankungen können eine Rolle spielen.“ Besonders wichtig sei daher eine enge Zusammenarbeit mit anderen Fachrichtungen, wie beispielsweise der Neurologie oder der Inneren Medizin. „Da haben wir hier auf dem Gesundheitscampus ganz klar einen Standortvorteil“, freut sich die Oberärztin. „Die enge Zusammenarbeit mit dem Sana Klinikum ermöglicht eine nahtlose Koordination von psychiatrischer und somatischer Versorgung. Diese direkte Verzahnung bietet optimale Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten bei kurzen Wegen.“
i: Neben der alterspsychiatrischen Station und der Tagesklinik sind in dem Neubau auf dem Biberacher Gesundheitscampus auch eine allgemeinpsychiatrische Station sowie eine psychiatrische Institutsambulanz (PiA) ansässig.