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Abschied vom „zweiten Wohnzimmer“ /

Portraitfoto Dr. Jochen Tenter, ein Mann Mitte 60 im Anzug mit graubraunen Haaren und Brille lächelt in die Kamera.

Dr. Jochen Tenter

Nach fast 40 Jahren im Beruf wurde Dr. Jochen Tenter, seit 2001 Chefarzt der Abteilung Gerontopsychiatrie des ZfP Südwürttemberg am Standort Weissenau, feierlich in den Ruhestand verabschiedet.

„Ich hab mich hier im ZfP Südwürttemberg immer wohl gefühlt“, sagt Dr. Jochen Tenter, „und es war nie langweilig“. Spannend sei es schon losgegangen, als er vor 32 Jahren in die Gerontopsychiatrie kam und nach kürzester Zeit, ab 1992, die Leitung innehatte. Im Zuge der Abteilungsreform wurde der gebürtige Duisburger 2001 zum Chefarzt.

„Die Bezeichnung war mir aber nie so wichtig, als Chef habe ich mich ohnehin immer als Servicekraft gesehen“, sagt Tenter. Viel wichtiger war ihm die Entwicklung in seinem Fachgebiet, und diese sei „in riesen Känguru-Sprüngen“ erfolgt – etwa mit der Gründung der Fachgesellschaft 1992 und der Etablierung der AG Gerontopsychiatrie der Bundesdirektorenkonferenz. Die bundesweite Vernetzung habe immer wieder Impulse bewirkt, etwas besser machen zu wollen. „Das war best practice live erlebt.“

„Gerontopsychiatrie bedeutet für mich Somatik, Tiefenpsychologie und immer mehr Sozialpsychiatrie“, erläutert der 65-Jährige. Deshalb habe er versucht, sie zu betreiben wie ein Sozialpsychiater: „Was ist die Lebenswelt? Wie kann man die Patienten unterstützen, damit das Leben wieder gelingt?“ Hierfür seien die Sozialarbeiter sehr wichtig, der Kontakt mit den Kommunen als Träger der Altenhilfe sowie der Austausch mit den regionalen Heimen. 

In diesem Kontext habe er auch das Fehlen einer alterspsychiatrischen Institutsambulanz als Mangel erkannt. Doch sein erster Antrag für eine Ermächtigungsambulanz stieß auf Widerstand bei der Kassenärztlichen Vereinigung. Da habe er sich an die damalige Geschäftsführung gewandt, woraufhin er den „Versuchsballon“ Institutsambulanz starten durfte. „Zu dem Zeitpunkt, 2001, gab es in Baden-Württemberg noch überhaupt keine. Nur die Uni-Ambulanzen.“ In nur wenigen Jahren kamen viele weitere dazu. „Alle Kliniken im Land haben es übernommen.“ 

Durch die Ambulanzen kann aufsuchend gearbeitet werden, das heißt, dass Patienten erreicht werden, die vorher nicht erreicht wurden, und die Aufnahmen können gesteuert werden, insbesondere bei Demenzkranken. „Für sie ist es das Beste, einen stationären Aufenthalt zu vermeiden. Und wenn das nicht angezeigt ist, geht es darum, das Milieu so zu gestalten, dass sie sich wohl fühlen.“ Die Frage, was ist demenzgerecht und was nicht, hat Tenter stark beschäftigt, was sich in ständigem Experimentieren ausdrückte und letztlich zu zahlreichen Verbesserungen in der Betreuung und Beschäftigung wie auch in der Gestaltung und Einrichtung der Stationen führte. Inzwischen sind fünf Stationen von ihm mitgestaltet worden.

Als Abteilungsleiter sah er sich zuvorderst dafür verantwortlich, dass die Mitarbeitenden eine Arbeitssituation - das Milieu, die Qualifikation, die Ausstattung und ihre Anzahl - vorfinden, die den Patienten einen Nutzen bringt. Immens wichtig sei dabei, dass man als Team funktioniert. „Wenn man das gut hinkriegt, trägt es natürlich auch dazu bei, dass die Leute Lust auf ihre Arbeit haben.“

Seine Work-Life-Balance habe er immer ganz gut hinbekommen, so Tenter weiter. Vor allem die vergangenen, von der Pandemie geprägten zwei Jahre hätten noch einmal viel Arbeit mit sich gebracht. Wie viel, lässt sich allein daran ablesen, welche Aufgaben nun neu vergeben werden mussten: Neben der Abteilungsleitung gehören dazu unter anderem der Klinikbereich Hygiene, die Institutsambulanz, die Bewegungstherapie, die Ausstellungen im Zentralgebäude, die AG Gedenktag, der IT- und der Investitionsausschuss sowie die AOK-Fallkonferenz. 

Privat beschreibt sich Tenter als Bastler und Schrauber: „Elektronik, Holz, Acryl, Messing, Lampen und Radios, das macht mir Freude.“ Und natürlich die Fotografie – in seinem heimischen Archiv stehen um die 100 Kameras. Damit angefangen habe er schon als Grundschüler. In seiner Zeit im ZfP Südwürttemberg hat er immer wieder sein fotografisches Werk ausgestellt und zahlreiche Veranstaltungen mit der Kamera begleitet – nicht nur diese Perspektiven werden in der Weissenau künftig fehlen.




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