Desolate Zustände zeigten sich den Mitgliedern von Beclean e.V. 2003 im rumänischen Borşa. Seither engagiert sich der Verein für die psychiatrische Klinik vor Ort und hat in dieser Zeit einiges erreicht.
Fehlende sanitäre Anlagen und medizinische Versorgung, keine ausreichende Kleidung, eiweiß- und vitaminarme Ernährung sowie mangelnde menschliche Zuwendung. Zehn Prozent der Patient*innen in Borşa starben im Jahr. „Es war passive Euthanasie“, kommentiert Marian Jurcsik. Der ärztliche Leiter der Station 1040 des ZfP Südwürttemberg ist seit fünf Jahren bei Beclean e.V. aktiv, vor einem Jahr wurde er in den Vorstand gewählt. Das Krankenhaus mit 200 Betten für chronisch psychisch Kranke in Borşa besuchten Vereinsmitglieder 2003 mehr zufällig auf ihrem Weg nach Beclean im Nachbarkreis Cluj. „Die personellen und sanitären Verhältnisse waren dort noch desolater als zehn Jahre zuvor in Beclean“, weiß Jurcsik zu berichten.
Mit dem Ziel, die Lage der Psychiatriepatient*innen in Rumänien zu verbessern und eine menschengerechte Betreuung und Versorgung zu ermöglichen, wurde Beclean e.V. 1995 gegründet. Die Gründung war notwendig, es sollten Gelder für Gebäudesanierungen und Beschäftigungsangebote in der psychiatrischen Klinik in Beclean, Kreis Bistrita in Siebenbürgen, beschafft werden. „Hierfür brauchten wir die Gemeinnützigkeit, um Spendenquittungen ausstellen zu können“, erklärt Jurcsik.
ZfP als Unterstützer
Jurcsik ist gebürtiger Rumäne und hatte sich dem Verein und seinen Zielen von Anfang an verbunden gefühlt. Der Arzt hofft, dass er Beclean e.V. vor allem durch seine fachliche und sprachliche Kompetenz langfristig unterstützen kann. Mit Jurcsik im Vorstand sind Andrea Luca, tätig bei Pauline 13 e.V. und ebenfalls Rumänin, sowie der ehemalige ärztliche Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Weissenau Prof. Dr. Paul-Otto Schmidt-Michel und der Zentralbereichsleiter Pflege und Medizin des ZfP Südwürttemberg Martin Holzke.
Von Beginn an unterstützten Mitarbeitende des ZfP den Verein. Auch die damalige Krankenhausleitung des PLK Weissenau, insbesondere Prof. Dr. Günter Hole und Betriebsdirektor Gebhard Gessler, trugen das Engagement mit, unter anderem indem sie Personal für arbeitstherapeutische Einsätze in Rumänien freistellten. 2003 setzte der damalige ZfP-Geschäftsführer Wolfgang Rieger diese Tradition fort, ebenso sein Nachfolger Dr. Dieter Grupp. Beide waren auch vor Ort beratend tätig.
Zudem sammelt das ZfP Südwürttemberg mithilfe von Borsti, dem hungrigen Spendenschwein, bei der Weihnachtsaktion „1€ für Borşa“ alljährlich für die rund 265 von Beclean e.V. unterstützten Patient*innen der psychiatrischen Kliniken in Rumänien. Mit den Spenden werden Weihnachtspäckchen finanziert. Borsti steht hierfür in den ZfP-Personalcasinos in Bad Schussenried, Weissenau und Zwiefalten bereit. Bettina Leone, Sekretariat Geschäftsleitung, hat die Aktion vor 20 Jahren initiiert und ruft seither jedes Jahr zum Spenden auf. 22.128,70 Euro wurden seit 2003 gesammelt.
Erfolgreiches Engagement
Seit 2003 hat sich mit der Hilfe von Beclean e.V. einiges in Borşa getan. In entfernteren Städten von der Kreishauptstadt Cluj-Napoca sind zwei Satelliten entstanden: Eine Einrichtung mit 20 Plätzen in Huedin sowie 45 Plätze in Turda. Vor zwei Jahren wurde in Borşa zudem ein Neubau eröffnet. Weiterhin umfasst die Unterstützung des Vereins die fachliche Beratung vor Ort, den Aufbau von Angehörigengruppen, die Finanzierung von Ergotherapie-Angeboten, Kooperationen mit lokalen Initiativen sowie die Ausrichtung von sozialpsychiatrischen Tagungen. „Für diese Aktivitäten haben wir vor 20 Jahren auch eine fest angestellte Koordinatorin, Andrea Bularda-Alexe, in Cluj eingestellt und Büroräume erworben“, berichtet Jurcsik. Aktuell beschäftigt den Verein zudem der Krieg in der Ukraine, mit der Rumänien eine 800 km lange Grenze teilt. Jurcsik erklärt: „Wir versuchen Hilfsprojekte für die Ukraine in Rumänien zu unterstützen.“
Für die Vereinsmitglieder ist es ein besonderer Lichtblick, dass das rumänische Sozial- und Gesundheitsministerium eine landesweite Dehospitalisierung um 30 Prozent plant. „Es wurde endlich erkannt, dass die Dauerhospitalisierung in den in jedem Kreis vorhandenen großen Kliniken für chronisch psychisch Kranken mit einer humanitären Versorgung nichts zu tun hat“, so Jurcsik. Doch eine gewisse Skepsis bleibt. Denn wie so oft gäbe es eine Absicht, aber keinen Plan. „Hier wollen wir uns einbringen und unsere Region mit seinen sozialpsychiatrischen Verbünden kann dafür einschlägige Erfahrungen vorweisen“, zeigt sich Jurcsik überzeugt. Solche Neuerungen voranzutreiben sei immer ein langer Prozess. Die Dezentralisierung ist seit Vereinsgründung ein wichtiges Anliegen. „Man muss dranbleiben“, zeigt sich Jurcsik kämpferisch. „Und das sind wir. Nun ist es Zeit, dass sich etwas ändert.“
Zum 20-jährigen Engagement findet die Veranstaltung „Beclean e.V. Verein zur Unterstützung psychisch Kranker in Rumänien – 20 Jahre Borşa“ in Ravensburg statt. Gezeigt wird ein Dokumentarfilm (2004) über Borşa, am Donnerstag, 7. März 2024, um 18 Uhr in der Psychiatrischen Institutsambulanz (PIA), Gartenstraße 3, in Ravensburg.
Mehr Informationen zum Verein Beclean gibt es auf der Internetseite www.beclean-ev.de .
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