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BFLK-Jahrestagung: Die Zukunft des Pflegeberufs mitgestalten /

Ein Mann in weißem Hemd und schwarzem Anzug steht in einem historischen Festsaal mit stuckverzierten Wänden vor zahlreichen Zuhöherinnen und Zuhörern.

Manne Lucha, Minister für Soziales, Gesundheit und Integration, eröffnete die 49. BFLK-Jahrestagung am ZfP-Standort Weissenau.

Um nichts weniger als die Zukunft des Pflegeberufs drehte sich die 49. Jahrestagung der Bundesfachvereinigung Leitender Krankenpflegepersonen (BFLK) der Psychiatrie am ZfP-Standort Weissenau. Erstmals wurde der BFLK-Managementpreis für innovative Projekte verliehen.

Rund 180 leitende Pflegekräfte aus dem gesamten Bundesgebiet nahmen an der dreitägigen Fachtagung teil, die sich unter dem Motto „Personal finden, entwickeln, führen und halten“ unter anderem mit den Themen New Work, Digitalisierung, 4-Tage-Woche, Weiterbildung und Karriereplanung beschäftigte.

Manne Lucha, Minister für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg, sagte: „Wir haben schon viel erreicht. Vor dem Hintergrund neuer Polarisierungen habe ich jedoch Sorge vor einem neuen Prekariat an chronisch psychisch Kranken, denen Gewalt oder Obdachlosigkeit droht. Es geht um die Würde für Patientinnen und Patienten und um die Würde der Mitarbeitenden. Die Aufgabe der Politik ist es, die notwendigen Mittel bereitzustellen, damit Pflegekräfte das umsetzen können, was sie gelernt haben.“

BFLK-Vorsitzende Silke Ludowisy-Dehl hatte zuvor die Anwesenden im frisch renovierten Weissenauer Festsaal begrüßt. Sie betonte mit Blick auf den Fachkräftemangel: „Jammern hilft uns nicht weiter. Mehr junge Menschen möchten wieder pflegen, und dabei brauchen sie unsere Unterstützung. Gefragt sind Lösungen – und zwar von uns! Von wem denn sonst?“

Prof. Dr. Michael Löhr, Pflegedirektor am LWL-Klinikum Gütersloh, beleuchtete vor dem Hintergrund von New Work die Frage, wie die Arbeitsbedingungen so verändert werden können, dass mehr Menschen einen Pflegeberuf ergreifen möchten: „Wir müssen die Veränderungsprozesse mitgestalten und die Organisation so umbauen, damit das funktioniert. Dabei geht es auch um Selbstwirksamkeit: Wir müssen empowert sein, damit wir unsere Patienten empowern können!“

Anhand des Güterloher Modells (GüMo) ging er darauf ein, wie dies mittels Wertevermittlung und Demokratisierung gelingen kann: „New Work gelingt nur kooperativ. Es ist gar nicht so die Geldfrage, sondern es geht um Loslassen und Vertrauen: Wir haben die Power auf die Stationsleitungen gelegt, was etwa Teambuilding, Dienstplangestaltung und Personalentscheidungen angeht, und setzen stark auf Partizipation.“ Darüber hinaus liege die Priorisierung klar auf der Ausbildung und auf der Karriereplanung. Hinsichtlich hoher Kosten und ethischer Fragen halte er nicht viel von Auslandsrecruiting. Er betonte: „Tradierte Betriebe wie Krankenhäuser werden entweder schnell und radikal transformiert oder gar nicht. Wir müssen ein anderes Narrativ als den Fachkräftemangel entwickeln.“

Andreas Emmerich, Pflegedirektor der Klinik Nette-Gut für Forensische Psychiatrie in Andernach, schilderte die Erfahrungen mit der Wahlmöglichkeit einer 4,13-Tage-Woche bei gleichbleibender Wochenarbeitszeit. „Manche Arbeitsläufe muss man gegebenenfalls anpassen. Priorität hat natürlich die Gewährleistung der Patientenversorgung. Nach inzwischen neun Jahren ziehen wir in jedem Fall ein positives Fazit. Befürchtungen bezüglich dieses ‚Modells der langen Dienste‘ haben sich nicht bewahrheitet.“

Ein App-basiertes Ausfallmanagement stellte Mark Deckarm, Stellvertretender Pflegedirektor an der Rhein-Mosel-Fachklinik Andernach, vor. Ziele des Pilotprojekts sind, den Besetzungsprozess zu vereinfachen, Aufwände zu reduzieren und die Belastung für Mitarbeitende bei gleichzeitig verlässlicherer Erreichbarkeit zu reduzieren. Zentrale Fragestellungen drehten sich unter anderem um die Vergütung für Vertretungsschichten sowie um die beste Rückmeldeoption. Die Auswertung der Testphase ergab: „65 Prozent empfanden das App-basierte Ausfallmanagement als entlastend. 57 Prozent gaben an, dass sie bei besserer Bezahlung dieser Dienste auch bereit seien, Vertretungen noch häufiger zu übernehmen“, sagte Deckarm. Kleinere Teams mit eher älteren Kolleg:innen hätten sich tendenziell nicht an der App-Lösung beteiligt.

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und hoher Personalfluktuationen im Pflegefach lenkte Ruben Giesin, Pflegerischer Leiter der Abteilung Depression und Trauma der ZfP-Region Ravensburg-Bodensee, den Blick auf Aspekte erfolgreicher Mitarbeiterbindung. Er identifizierte persönliche sowie strukturelle Ursachen dafür, den Pflegeberuf aufzugeben. Hauptfaktoren seien Stress, Arbeitsumgebung sowie persönliche Anforderungen.

Eine hohe Personalfluktuation habe nicht nur ökonomische Nachteile für ein Unternehmen, sondern sorge auch für eine sinkende Versorgungsqualität. Deshalb gelte es, sogenannte Push-Faktoren zu minimieren und die Pull-Faktoren zu stärken. Giesin sagte: „Hinsichtlich der Bedürfnisse von Mitarbeitenden ist zu konstatieren, dass jede Generation unterschiedliche Anforderungen hat und sich auch anders motivieren lässt.“ Diese Motivationen müssten entsprechend bedient und dafür Incentives (Geld- oder Sachleistungen zur Motivationssteigerung) gezielt eingesetzt werden.

Den zweiten Tag gestaltete der Landesverband Baden-Württemberg der BFLK. Weitere Referate beschäftigten sich etwa mit der Fachweiterweiterbildung Psychiatrie für Pflegekräfte und mit den Praxiserfahrungen aus einem partizipativen Leitungs- und Führungsmodell. Der Nachmittag war dann diversen Workshops vorbehalten.

Im Rahmen des gemeinsamen Festabends in der „Kantine“ Ravensburg wurde erstmals der BFLK-Managementpreis verliehen. Den 1. Preis erhielten Alexandra Vogt und Simone Fuchs aus der Pflegeentwicklung des ZfP Südwürttemberg mit ihrem Projekt „Schweba“.

Den Abschluss der 49. BFLK-Jahrestagung bildete am dritten Tag die Möglichkeit, an Führungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten am ZfP-Standort Weissenau teilzunehmen.




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